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Leserbriefe an die RNZ zur Berichterstattung über die Veranstaltung mit Judith Bernstein über Jerusalem in der VHS am 29.1.19:
Zum Artikel über die Veranstaltung mit Judith Bernstein
Der Artikel ist leider unsachlich und nimmt kaum zu dem nüchternen, aber sehr persönlichen und eindrucksvollen Vortrag der Referentin Stellung, sondern fast ausschließlich zu einem Diskussionsbeitrag eines Mitglieds des Jungen Forums der Deutsch-Israelischen Gesellschaft. Nachdem nach dem Vortrag eine gut moderierte und sehr sachliche Diskussion mit vielen Wortmeldungen fast schon zu Ende gegangen war, wurde einem Mitglied des Jungen Forums das Wort erteilt, der eine ausführliche Meinungsäußerung zu der palästinensisch initiierten Kampagne „Boykott-Desinvestment-Sanktionen“ (BDS) abgab und dafür deutlich mehr Redezeit erhielt als alle anderen Fragenden zuvor. BDS war nicht das Thema des Vortrags gewesen, wurde aber durch diese Wortmeldung noch zu einem kontrovers besprochenen Thema. Dass die nach ihren eigenen Festlegungen und nach Einschätzung vieler prominenter PolitikerInnen und WissenschaftlerInnen nicht antisemitisch ausgerichtete BDS-Bewegung seiner Meinung nach doch grundlegend antisemitisch sei, belegte der Sprecher des Jungen Forums mit Schilderungen einzelner antisemitischer Ausschreitungen mit Bezug auf BDS, die sich in Neuseeland, Australien und den USA ereignet hätten.
Würden derartige einzelne Vorkommnisse (von dem jedes einzelne natürlich zu verurteilen ist) in anderen Zusammenhängen derart verallgemeinert, müsste z.B. Fussball insgesamt sofort wegen Gewaltbereitschaft einzelner Fans abgeschafft werden, müssten alle Konzerte sofort verboten werden, weil es einzelne Konzerte gibt, in denen unerträgliche Texte gesungen werden und müssten Kunstausstellung allesamt geschlossen werden, weil es welche gibt, mit deren Inhalt man sich beim besten Willen nicht einverstanden zeigen kann.
Dass es indiskutable Ausschreitungen gibt, darf nicht dazu führen, dass sachliche Kritik an und gewaltfreier Widerstand gegen eine völkerrechtwidrige Besatzungspolitik verunglimpft wird – egal wer diese Besatzungspolitik betreibt: Russland, China oder Israel. Boykott und Sanktionen gegen Russland und China (oder, obwohl keine Besatzungsmacht: Iran) sind, wie jeder weiß, gern genutzte Strafaktionen ganzer Staaten und Staatengemeinschaften gegen Länder, mit deren Politik man nicht einverstanden ist. Dies muss auch für Israel gelten, solange es seine Besatzungspolitik beibehält, mit der niemand, der Demokratie, Völker- und Menschenrechte vertritt, einverstanden sein kann. Das hat mit Kritik an Judentum oder gar mit Antisemitismus überhaupt gar nichts zu tun.
Dr. Damaris Köhler
Erstaunlich
Man staunt immer wieder, wie viel 
Raum einer kleinen Gruppe vehementer Unterstützer israelischer Politik in ihrer 
Zeitung eingeräumt wird. Davon können andere Gruppen und selbst größere 
Organisationen, wie z.B. die Gewerkschaften, nur träumen. Die Veranstalter 
könnten sich über die zusätzliche Werbung freuen, wenn es nur um eine sachliche 
Diskussion über die damit verbundenen Themen und nicht um die generelle 
Verhinderung israelkritischer Veranstaltungen gehen würde.
Wer auf der Veranstaltung war, kann sich aber über den Bericht über die 
Veranstaltung nur wundern. Entgegen der völlig verfehlten Überschrift, hatte es 
durchaus eine sehr ausführliche Diskussion gegeben, wenn auch ‒ da nicht Thema 
des Abends ‒ nicht über BDS.
Dazu kam es in der Tat erst am Ende, als der israelische 
Wirtschaftswissenschaftler Shir Hever, der moderierte, ein Mitglied des „Jungen 
Forums“ zu einem Statement aufgefordert hatte und die Referentin explizit 
nachfragte, was genau eigentlich seiner Meinung nach an BDS antisemitisch sei.
Außer Anekdotischem kam als Argument nur der Vorwurf, der Boykott richte sich 
gegen Israeli und Juden als Kollektiv. Das ist jedoch genauso Unfug wie die 
Behauptung der Boykott gegen das Apartheitsregime in Südafrika habe sich 
kollektiv gegen die Weißen gerichtet. Dass ein Boykott, soll er erfolgreich 
sein, für die gesamte Bevölkerung spürbar wird, inklusive für die Befürworter 
selbst, ist unvermeidlich. Dies ist aber sicherlich gewaltsamen 
Auseinandersetzungen vorzuziehen.
Interessant zu wissen wäre, welche gewaltfreien Alternativen die Leute vom 
„Jungen Forum“ und die Kritiker aus den Parteien, die sogar 
Diskussionsveranstaltungen darüber unterbinden möchten, den Palästinensern 
vorzuschlagen hätten. Welche anderen Methoden bieten diesen eine Chance, ihre 
Rechte durchsetzen zu können, die Israel ihnen seit Jahrzehnten verweigert? Wie 
kann sonst Druck aus der Zivilgesellschaft weltweit auf die israelische Führung 
aufgebaut werden, sich endlich an Völkerrecht und UN-Resolutionen zu halten? 
Mit freundlichen Grüßen,
Joachim Guilliard
Empörend - Kritik am RNZ- Artikel „Für die eigentliche Diskussion blieb kaum 
Zeit“ am 31.1.2019 
Leserinbrief an die RNZ (am 2.2.2019)
Mit Erstaunen, ja mit Empörung, habe ich den Bericht des von mir ansonsten 
geschätzten Denis Schnur über die Veranstaltung zu Jerusalem gelesen. War er auf 
einer anderen Veranstaltung? Gut strukturiert moderiert wurden Fragen aus dem 
Publikum von der Referentin beantwortet. Ganz kurz vor Veranstaltungsende 
meldete sich auch ein Mitglied des Jungen Forums der Deutsch-Israelischen 
Gesellschaft zu Wort und nannte seine Kritik an der BDS-Kampagne (Boycott, 
Desinvestment, Sanction).
Doch überrascht war ich vor allem über den Titel des RNZ-Berichts. Mit der 
„eigentlichen Diskussion“, für die kaum Zeit geblieben sei, so Schnur. Hatte er 
offensichtlich erwartet, über die BDS-Kampagne zu diskutieren? Doch das Thema 
war „Jerusalem - Brennpunkt des israelisch-palästinensischen Konfliktes“, ein 
undogmatisch vorgetragener Bericht der Referentin Judith Bernstein über die 
angespannte Situation in Jerusalem aufgrund der 50-jährigen israelischen 
Besatzungspolitik. Als ein Beispiel für die „schrecklichen Folgen“ nannte sie 
den Stadtteil Shoafat im Nordosten Jerusalems. Auf einer meiner 
friedenspolitischen Reisen nach Israel und Palästina habe ich dieses Viertel 
erleben können: ein völlig sich selbst überlassenes palästinensisches 
Flüchtlingslager, ohne Infrastruktur und mit dem Verbot der israelischen 
Regierung, eine eigene Verwaltung aufzubauen. Israelische Behörden treten jedoch 
in Erscheinung, um Häuser abzureißen.
Nach den Begrüßungsworten, u.a. von der Humanistischen Union, machte Winfried 
Belz von der Palästina-Nahost-Initiative das Angebot an das Junge Forum der 
Deutsch-Israelischen Gesellschaft, in einen fairen Dialog zu treten. Dass es am 
Ende der Veranstaltung bei dem Wunsch eines Mitgliedes des Jungen Forums, etwas 
sagen zu dürfen, zu gereizten Reaktionen aus dem Publikum kam, ist nach den 
bisherigen Erfahrungen mit den Kritikerinnen und Kritikern des Jungen Forums gut 
nachzuvollziehen. Nur allzu gut habe ich gezielt eingesetzte, lautstarke und 
aggressive Störungen und die undifferenzierten pauschalen antisemitischen 
Vorwürfe vor und auf den Veranstaltungen der Palästina-Nahost-Initiative in 
Erinnerung, dass sogar die Polizei um Hilfe gerufen werden musste (Januar 2018), 
um die Veranstaltung stattfinden zu lassen.
Ich beziehe mich auf das Angebot von Winfried Belz für einen fairen Dialog und 
plädiere für eine Extra-Veranstaltung über das eigentliche Konzept der 
BDS-Kampagne, ihre Elemente, Ziele und die Kritik an ihr - mit der Möglichkeit, 
die verschiedenen Positionen zu Wort kommen zu lassen - und vor allem mit einer 
erfahrenen Moderation! Vielleicht eine Chance, um Antisemitismus-Unterstellungen 
gegen die Veranstaltungen der Palästina-Nahost-Initiative endlich ein Ende zu 
setzen!?
Renate Wanie, Mitglied im Heidelberger Friedensratschlag